
Proteine
Liebe Brotbackfreunde, heute möchte ich mal wieder ein dickes Brett bohren zu einem Thema, bei dem wieder unglaublich viel Halb- und Falschwissen unterwegs ist, den:
Proteinen
Eiweiß, Proteine, Aminosäuren? Genau, Proteine werden aus Aminosäuren zusammengesetzt und umgangssprachlich als Eiweiß bezeichnet. Über die Menge der Aminosäuren gibt es höchst unterschiedliche Aussagen. 200, 300 und mehr. Es werden jedenfalls immer wieder neue Zusammensetzungen entdeckt. Etwa 20-22 Aminosäuren können Proteine bilden. Die meisten Aminosäuren können unsere Körper selbst bilden, nur 8 davon leider nicht. Diese werden essenzielle Aminosäuren genannt. Weitere 3 sind "semiessenziell". Bei diesen kann es vorkommen, dass sie nach schweren Krankheitsverläufen vom Körper nicht mehr gebildet werden können und so ebenfalls von außen zugeführt werden müssen.
Proteine sind unter anderem die Baustoffe unseres Körpers. Sie haben den gleichen Brennwert wie die Kohlenhydrate, also ca. 4,1 kcal, liefern dem Körper aber direkt keine Energie. Es ist unserem Körper aber möglich, auch Proteine „umzubauen“, um dem Körper Energie zu liefern. Diese Möglichkeit ist eigentlich ein "C-Plan" des Körpers, wenn gar nichts mehr zur Verstoffwechselung zur Verfügung steht. Leider wird dieser Umstand für Diäten genutzt, ohne die Risiken dieser extremen Art der Ernährung zu berücksichtigen (Ketonale Ernährung).
Die Proteine, die wir mit unserer Nahrung aufnehmen, werden von Enzymen gespalten, neu geordnet und wieder ganz nach Bedarf zusammengesetzt, im Idealfall. Chemisch betrachtet sind die Aminosäuren in einem Protein dreidimensional aufgebaut. So können sie eine biologische Aktivität entwickeln, die in unsere Stoffwechselvorgänge eingreift. Im positiven Sinne mag ich hier die Vitamine nennen. (Zur Art und Vielfalt der Vitamine gibt es genügend Sekundärquellen, daher gehe ich hier nicht weiter darauf ein.) Auch sie sind aus verschiedenen Aminosäuren zusammengesetzt und geordnet. Sie sind ein gutes Beispiel für Proteine, die unser Körper nicht selbst bilden kann und unserem Körper ebenfalls von außen mit der Ernährung zugeführt werden müssen. Nun kann es passieren, dass unser Körper verlernt, aus welchen Gründen auch immer, bestimmte Enzyme zu bilden, um biologisch aktive Proteine aufzuspalten. Hier wären die biogenen Amine (z.B. Histamine) zu nennen, die dann im Körper hormonähnlich wirken und Beschwerden verursachen können (z.B. Histaminintoleranz). Viele hormonaktive Proteine können von unserem Körper gar nicht aufgespalten werden (z.B. das Hämoglutinin der Sojabohne). Sie greifen dann negativ in unseren Stoffwechsel ein. Besonders extrem sind Proteine, die toxisch, also giftig, auf und in unserem Körper wirken.
Fassen wir noch einmal zusammen. Proteine sind aus Aminosäuren zusammengesetzt. Sie dienen als Baustoffe, können aber auch biologische, hormonähnliche Aktivitäten bilden, die in unsere Stoffwechselvorgänge eingreifen können, sowohl im positiven, neutralen als auch im negativen Sinne.
Es kommt also auf die Qualität der Proteine in unserer Ernährung an, um unsere Körper gut zu versorgen. Bei abwechslungsreicher Kost stellt das eigentlich kein Problem dar. Nur leider ernähren sich weite Teile der Bevölkerung alles andere als abwechslungsreich (Statt der Fertigpizza, mal Pasta mit Soße aus dem Glas oder ein TK-Fertiggericht - das klingt zwar abwechslungsreich, ist es aber nicht wirklich). Gerade pflanzliche Proteine sind oft nur schwer für uns aufzuspalten und die biologische Aktivität mancher ihrer Proteine ist nicht immer unproblematisch. Pflanzen bilden oft Proteine als Fraßgifte gegen ihre Feinde. Da wir Menschen zu diesen gehören, sind viele davon auch für uns nicht ohne Probleme. Denken Sie z.B. an die Lektine, die von Hülsenfrüchten gebildet werden. Diese können im Extremfall für uns tödlich sein. Aber wir Menschen sind findig (und immer hungrig). So haben wir Prozesse erdacht, die diese Gaben der Natur für uns genüsslich machen. Bei den Hülsenfrüchten z.B. hilft es, diese keimen zu lassen. Jetzt beginnt die Pflanze ihren Lebensprozess, die Anschubenergie des Samens wird verbraucht und sie benötigt das Fraßgift nicht mehr, es wird recycelt. Auch Kochprozesse können hier helfen, Fermentation oder andere Formen der Denaturierung schwer bekömmlicher Proteine. Ich nannte vorher die Sojabohne, hier haben die Menschen in Asien verschiedene Techniken entwickelt, die Sojabohne zu einem bekömmlichen Lebensmittel zuzubereiten. Am faszinierendsten ist der Prozess zur Fertigung der Sojasoße. Hier wird die Hilfe eines Schimmelpilzes, dem Koji-Pilz, in Anspruch genommen, die Proteine der Sojabohne zu denaturieren und diese einzigartigen Aromen zu schaffen.
Gut, wir haben die Proteine jetzt so verändert, dass sie für uns zum Verzehr geeignet sind. Aber sind sie dann auch vollwertig für uns Menschen? Leider nein, wie anfangs geschrieben, werden Proteine aus Aminosäuren zusammengesetzt, in unserem Körper gespalten und neu kombiniert. Hier kommt jetzt die limitierende Aminosäure ins Spiel. Sie bestimmt, wie viele der Aminosäuren zur Verfügung stehen. Die am geringsten enthaltene gibt das Maß vor. Dieses Maß limitiert dann auch die Aufnahme der anderen Aminosäuren, egal wie viele von Ihnen in diesem Protein enthalten sind. Bei der Bestimmung des Wertes der enthaltenen Proteine eines Lebensmittels spricht man von der biologischen Wertigkeit.
Es nutzt also gar nichts, wenn Sie sich pflanzlich ernähren wollen, einfach in die Nährwerttabellen zu schauen, wieviel Protein jetzt welche Pflanze enthält und dadurch den Proteinanteil in Ihrer Ernährung zu bestimmen. Damit Ihr Körper nicht unterversorgt wird, gehört gerade bei veganen Ernährungsweisen ein sehr großes Hintergrundwissen um die Beschaffenheit der Proteine dazu, damit es zu keinen Mangelerscheinungen kommt. Menschen, die tierische Produkte oder auch das Tier selbst verzehren, haben es da einfacher. Hier hat das Tier bereits durch seine Stoffwechselvorgänge die Proteingruppen für sich nützlich gemacht und oft auch neu gebildet aus Quellen, die für uns Menschen gar nicht als Nahrungsmittel zur Verfügung stehen (die Kuh kann z.B. aus Gras hochwertige Proteine bilden). So stehen für uns Menschen, wenn wir dann die Tiere und ihre Produkte verzehren, hochwertige Proteine zur Verfügung.
Wenn Sie mir bis hierhin gefolgt sind, werden Sie meinen Ärger über die gewissenlosen Marketingkampagnen rund um den Eiweißhype, Low Carb-Ernährung, Energiedrinks, etc. verstehen. Bestenfalls sind die dort ausgelobten Eiweiße harmlos, bringen also keinen Mehrwert, schlimmstenfalls wirken sie kontraproduktiv. Schlimm z.B. ist das "Eiweißbrot". Hier wird dann Mehl von Hülsenfrüchten (meist Soja) oder Schmetterlingsblütern (z.B. Lupinen) zugesetzt. Jetzt hat das Brot rein rechnerisch in den Nährwertangaben zwar einen höheren Eiweißwert. Dabei wird aber wissend in Kauf genommen, dass die nicht denaturierten Sojaproteine negativ hormonaktiv sind, die Proteine der Schmetterlingsblütler starke Allergieauslöser sind - und das alles nur des schnöden Mammons wegen. Leider ziehen viele Medien auch noch mit, verstärken völlig unreflektiert diese Marketingkampagnen und Ernährungshypes.
Ich hoffe, Sie jetzt nicht gänzlich verwirrt zu haben, sondern im Gegenteil Sie ein wenig sensibilisiert zu haben für dieses wichtige Thema rund um unsere tägliche Ernährung.
Bleiben Sie gesund, Ihr
Andreas Sommers
PS: Dieses Kapitel ist Teil meines neuen Buches rund um mein Ernährungskonzept, das im März 2025 erscheinen soll.