Stärke
Liebe Brotbackfreunde,
es gibt leider sehr viele widersprüchliche Aussagen zum Wert (und Nicht-Wert) von Kohlenhydraten. Daher ist es an der Zeit, einmal eine besondere Gruppe innerhalb der Kohlenhydrate näher zu betrachten: die Stärken.
Nach den einfachen Zuckermolekülen, die nur aus einzelnen bis wenigen Kohlenhydratmolekülen bestehen, folgen die Stärken in der Gruppe der Kohlenhydrate. Einfache wasserlösliche Stärkemoleküle kennen Sie in der Küche vielleicht als 405er Mehl (aus Weizen) oder Speisestärke (aus Kartoffeln oder Mais). Man nutzt es als Dickstoff, um schnell Soßen zu binden oder Pudding stichfest zu machen. Die Industrie braucht diese, um z.B. bei Molkereiprodukten eine Sämigkeit und ein weiches Mundgefühl zu erreichen. Chemisch werden sie als Polysaccharide, also Mehrfachzucker bezeichnet. Die wasserlösliche Variante ist die Amylase. Sie besteht aus ca. 200 - 1000 spiralförmig angelegten Ketten von Einfachzuckermolekülen. Die wasserunlösliche Variante, das Amylopektin, quillt im Wasser auf, ist also auch als Dickstoff geeignet. Sie finden die Pektine z.B. im Gelierzucker. Die Amylopektine ordnen sich in verzweigten Ketten von ca. 600 - 6000 Einzelzuckermolekülen an.
Das Perfide an diesen Kohlenhydraten für den Stoffwechsel unseres Körpers ist, dass die einzelnen Zuckermoleküle relativ einfach mit dem Enzym Amylase permanent abgespalten werden. Das beginnt bereits im Mund und geht dann verstärkt schon im Zwölffingerdarm weiter. So wird Ihr Körper mit Zuckern regelrecht geflutet, ohne dass Sie das Gefühl haben, Zucker zu sich zu nehmen. Ihr Körper kann diese Zuckerflut meist gar nicht gebrauchen. (Es sei denn Sie laufen gerade einen Marathon.) Was macht er also? Er baut die Zucker zu Fettmolekülen um und lagert diese an den bekannten, ärgerlichen Stellen ab.
Betrachten Sie einmal die Lebensmittel, die Sie zu sich nehmen. Enthalten sie viele von den kurzkettigen Kohlenhydraten? Anhand der Nährwertkennzeichnung können Sie dies nur bedingt erkennen. Immerhin müssen heute neben den Gesamtkohlenhydraten neben den kurzkettigen Zuckern auch die Ballaststoffe einzeln ausgewiesen werden. Ziehen Sie diese von der Gesamtkohlenhydratmenge ab, bekommen Sie eine ungefähre Vorstellung von der Menge der Stärkemoleküle. Hochverarbeitete Lebensmittel und Lebensmittelzubereitungen, wo die Stärken als Bestandteile der Rezeptur genutzt werden, um bestimmte Eigenschaften zu erreichen, enthalten meist sehr viele kurzkettige Stärken. Die Folge ist, dass bei regelmäßigem Genuss dieser Lebensmittel Ihre Gewichtskurve nach oben geht.
Nun sind nicht alle Stärkemoleküle in dieser Weise aufgebaut. Hier möchte ich die Gruppe der resistenten Stärken besprechen.
Resistente Stärken
Ihre spezielle dreidimensionale Struktur in ihrem molekularen Aufbau macht sie für die Verdauungsenzyme unzugänglich. Teils sind sie einfach nur in der Zelle des zu verzehrenden Lebewesens eingeschlossen und durch Kauen oder auch Kochen werden sie wieder für die Nahrungsenzyme verfügbar. Spannend sind die resistenten Stärken, die erst durch Dünsten/Kochen verstoffwechselbar, dann aber durch das Abkühlen eine kristalline Struktur bilden, die dann nicht mehr von den Nahrungsenzymen aufgespalten werden kann. Um es an dieser Stelle klarzustellen, durch die richtige Zubereitung von den Gaben der Natur haben Sie es selbst in der Hand, ein Lebensmittel zu schaffen, dass dick macht, oder eines bei dem Sie Ihr Gewicht halten oder sogar abnehmen.
Die Kartoffel ist hier ein schönes Beispiel. Geschält, in viel Wasser gekocht und dann heiß mit viel Salz verzehrt, wird Ihr Körper mit Stärkemolekülen überschwemmt. Sonst hat die Kartoffel für Ihren Metabolismus nicht mehr viel zu bieten. Die Mineralstoffe sind ausgekocht, durch Salz ersetzt. Da die Kartoffel gleich gegessen wird, kann sich auch keine kristalline Struktur bilden, jetzt ist die Kartoffel ein echter "Dickmacher".
Wird sie mit Schale gedünstet und abschließend mit kaltem Wasser abgeschreckt, kristallisieren die Stärkemoleküle. Diese stehen dann nicht für uns als Nährstoffe zur Verfügung, wandern in den Dickdarm und liefern die Grundlage für eine vitale Mikrobiologie. Komplett abgekühlt verstärkt sich der kristalline Effekt. Jetzt passiert genau das Gegenteil, die Kartoffel wird zum gesunden "Schlankmacher".
Übrigens hält sich die gedünstete, noch mit Schale versehende Kartoffel, gut eine Woche im Kühlschrank.
Sie haben es selbst in der Hand bzw. in Ihrer Küche, viel Spaß beim richtigen Zubereiten von Lebensmitteln
Ihr
Andreas Sommers