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Bäuerliches Brotbacken

Wenn ich in diesen Tagen die Bauernproteste verfolge, die Forderungen höre, schlage ich eine direkte Brücke zu den Broten, die ich jede Woche für meine Kunden backe.

Nun werden Sie sich fragen, was der Protest tausender Landwirte mit den Broten eines Ernährungsberaters in Henstedt-Ulzburg zu tun hat.

Blicken wir zuerst auf die Landwirtschaft. Kaum ein Landwirt vermarktet seine Erzeugnisse direkt an den Verbraucher, noch weniger verarbeiten ihre Erzeugnisse zu Lebensmitteln, die sie direkt an Verbraucher verkaufen. Die meisten landwirtschaftlichen Erzeugnisse gehen an die Lebensmittelindustrie. Dort werden sie in teils aufwändigen Prozessen "veredelt" (so werden die Prozesse tatsächlich genannt), also zu supermarkttauglichen, stark standardisierten Produkten verarbeitet. Die Produkte müssen möglichst lange haltbar, gut zu transportieren, für den Verbraucher leicht zuzubereiten und möglichst günstig sein.

Beim Brot bedeutet das möglichst proteinreiche Getreide mit vielen kurzkettigen Stärkemolekülen, damit viel Gluten vorhanden ist und viel Wasser gebunden werden kann. Das ganze staubfein gemahlen, enzymatisch behandelt, damit die Mehle immer die gleichen Backeigenschaften aufweisen, werden daraus Brote, die immer gleich aussehen und schmecken sollen.

Und ist das gesund? Natürlich nicht! Es sind die hoch verarbeiteten Lebensmittel, die es unserer Verdauung viel zu einfach machen, an die Nährstoffe zu kommen, denen keine Zeit für Reifeprozesse mehr gegeben wird. Schauen Sie sich um, weit verbreitetes Übergewicht ist noch das kleinste Problem, welches diese Art der Ernährung mit sich bringt.

Ich stehe seit vielen Jahren in der Tradition des bäuerlichen Backens. Die eigenen Getreide, in der Steinmühle griesig, griffig gemahlen, mit dem eigenen Sauerteig und einer sehr langen Teigreife, in der viele für Menschen unverträgliche Stoffe abgebaut werden. Diese Art, die eigenen Lebensmittel herzustellen, finden Sie an vielen Stellen in meiner Küche. Milchsaures Vergären von Gemüsekreationen, der eigene Joghurt, ich pökel selber (und zwar ohne Nitrit!), Nudeln mache ich selber aus hochwertigen Getreiden und vieles mehr. Und das vermittle ich auch in meinen Kursen und Vorträgen. Wer mit mir diesen Weg mitgeht, bekommt sein Gewicht in den Griff, wird nicht gleich bei jeder Infektion aus der Bahn geworfen.

Wenn die Bauern also mehr Respekt fordern, verstehe ich das auch als Forderung von Respekt für ihre Erzeugnisse. Erzeugnisse aus denen wir alle wieder lernen müssen, wirklich gute Lebensmittel herzustellen. Ist dieser Punkt vielleicht einmal erreicht (naiver Gedanke, nicht wahr?), können die Landwirte auch wieder ganz natürlich anbauen, Tiere halten, in Kreisläufen wirtschaften.

Heute sind die meisten von ihnen gezwungen, nach den Vorgaben die die Lebensmittelwirtschaft macht, zu produzieren. Schneller, mehr Masse, billiger für eine lukrative "Veredlung". Gesunde Ernährung spielt hier höchstens unter Marketingaspekten eine Rolle.

Von den Bauern wird mehr Respekt für ihre Arbeit gefordert, das interpretiere ich so, dass sie es sind, die die Grundlagen für eine gesunde Ernährung schaffen. Jetzt müssen wir, und ich nenne uns ganz bewusst nicht "Verbraucher" (so werden wir von der Lebensmittelindustrie bezeichnet) wieder lernen daraus gesunde Lebensmittel zu bereiten, in unseren eigenen Küchen, für unsere Familien und uns selbst, und nicht diese lebenswichtigen Prozesse komplett der Industrie zu überlassen. Das wäre doch mal echter Respekt!

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund!

Ihr

Andreas Sommers