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Lebensmittel

Liebe Brotbackfreunde,

heute biete ich Ihnen in meinem Newsletter weniger Information, dafür etwas zum Nachdenken. Es geht um den alltägliche Begriff "Lebensmittel", der oft völlig unreflektiert für alles mögliche genutzt wird.

Alle meinen zu wissen was gemeint ist, tatsächlich?

Was ist ein Lebensmittel?

Merkwürdige Frage meinen Sie? Ein "Mittel" zum "Leben", ist doch ganz einfach.
Naja, schauen wir einmal etwas differenzierter auf den Begriff "Lebensmittel".

Lebensmittel für den Durchschnittsesser:

  • möglichst schnelles Sättigungsgefühl
  • Befriedigung einfachster Bedürfnisse - und ich meine nicht unbedingt den Hunger damit
  • sie müssen billig sein
  • es reicht, die simplen Geschmacksrichtungen (salzig, sauer, süß, umami und ein bisschen bitter) zu bedienen
  • schnelle Verfügbarkeit, möglichst zu jeder Zeit und an jedem Ort

Lebensmittel für die Lebensmittelindustrie:

  • Wertschöpfung, also möglichst viel Geld verdienen
  • zuverlässige Standardisierung, also keine Produktabweichungen
  • gute Transporteigenschaften
  • möglichst lange Haltbarkeit

Lebensmittel für die Erzeuger (Landwirte):

  • gute Keimfähigkeit
  • hoher Ertrag
  • Resistenz gegen Schädlingseinflüsse
  • einfache Weiterverarbeitung
  • die erzeugten Grundstoffe müssen die Anforderungen der Industrie erfüllen

Lebensmittel für den Einzelhandel:

  • ansprechendes Äußeres
  • lange Haltbarkeit
  • regalfähig
  • jederzeit verfügbar (z.B. gefülltes Brotregal bis zum Ladenschluss)
  • gute Vermarktungsmöglichkeiten

Lebensmittel in der Ernährungswissenschaft:

  • exakt berechenbar
  • reduziert auf die Betrachtung der Einzelkomponenten
  • nährwerttabellenkompatibel (Bestimmung der Einzelbestandteile)

Lebensmittel für den (Leistungs-)Sportler:

  • optimale Versorgung des Körpers den Leistungsanforderungen entsprechend
  • leistungssteigernd
  • einfache und schnelle Verfügbarkeit der für die Leistung benötigten Einzelstoffe


Die Liste ließe sich mit Sicherheit noch verlängern, aber ich glaube, Sie bekommen langsam eine Ahnung, auf was ich hinaus möchte.

Welche Anforderungen habe ich als Ernährungsberater an ein Lebensmittel?

  • Unverträgliche Komponenten sollten abgebaut sein
  • die gesamte Verdauung sollte gefordert sein
  • gutes und langanhaltendes Sättigungsgefühl
  • dauerhafte Versorgung des Körpers mit allen notwendigen Komponenten
  • physische und psychische Zufriedenheit (Essen soll auch Freude bereiten)
  • die Vielfalt des Jahreszyklusses abbilden (Abwechslung im Zuge der Jahreszeiten)
  • Demut vor den Gaben der Natur (schließlich essen wir andere Lebewesen)

 

Seien wir aber fair und spannen den Bogen etwas weiter:

Lebensmittel zu Zeiten, als wir noch Jäger und Sammler waren:

  • gefährlich, was kann man essen und was nicht (nicht nur bei den Pilzen hat es bestimmt jede Menge tragischer Irrtümer gegeben)
  • gefährlich, nicht jedes Tier findet es gut erschlagen und aufgegessen zu werden
  • gefährlich, hatte man endlich etwas Essbares in den Händen, weckte das bei anderen Begehrlichkeiten
  • gefährlich, Lagerung und Transport nur sehr schwer möglich (Haltbarkeit, Begehrlichkeiten Anderer)
  • Wenn es denn einmal etwas zu essen gab, war es ratsam so viel wie möglich zu essen, weil es dann oft tagelang kaum Nachschub gab.

Lebensmittel zu Zeiten Roms:

  • politisches Instrument zur Mehrheitsbeschaffung
  • sollten die Bevölkerung ruhig, satt und bei der "Stange" halten (Brot und Spiele)
  • mit der hoch entwickelten römischen Landwirtschaft kam auch die "Kultur" in die eroberten Gebiete

Lebensmittel in weiten Teilen des Mittelalters:

  • Statussymbol der Eliten, Völlerei musste man sich leisten können
  • reines Sättigungsmittel der Massen, um leistungsfähig zu sein, die Arbeit auf den Äckern brauchte sehr viel Kraft
  • ein Mittel, um halbwegs am Leben zu bleiben, es herrschte in weiten Teilen der Bevölkerung oft Mangel


Ich hoffe Ihnen mit meinen Gedanken ein wenig Unterhaltung geboten zu haben, und Sie denken an diesen Newsletter, wenn Sie das nächste mal in Medien oder Gesprächen den Begriff "Lebensmittel" hören. Und sich dann vielleicht fragen: "was meint derjenige jetzt eigentlich damit?"

Ich grüße Sie herzlich

Ihr

Andreas Sommers