Gesunde Ernährung
Liebe Brotbackfreunde,
mehr denn je wird aus der Politik, vor allem aus dem grün geführten Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung, gefordert, dass wir Deutschen uns gesünder ernähren sollen. Hier wird vor allem für biologisch erzeugte Lebensmittel getrommelt. Weniger Fleisch, mehr pflanzliche Produkte, und die Lebensmittelindustrie hat die richtigen Antworten darauf
Ist es wirklich so einfach? Wird 405er Mehl gesünder, wenn es ein Bio-Siegel trägt? Ist ein "Schnitzel" aus Soja oder Seitan gesünder als das eines echten Schnitzels vom (hoffentlich vernünftig gehaltenen) Schwein? Oder der Zuckerdrink, der das Wort "Bio" in seiner Bezeichnung trägt?
Sie ahnen sicherlich, dass ich hier als Ernährungsberater eine ganz andere Ansicht habe.
Zuerst einmal, es gibt verschiedene Untersuchungen von biologisch und konventionell (in Deutschland) erzeugten Produkten, die zeigen, dass die Unterschiede bei Nährstoffen, Schadstoffen, Rückständen nur marginal sind. Entscheidender sind z.B. Standorte. Eine konventionell angebaute Kartoffel aus dem Naturpark Aukrug (Wasserschutzgebiet) gehört zu den nitratärmsten und ist so einer Bio-Kartoffel aus der Lüneburger Heide überlegen. Gemüse - durchaus konventionell - ist in Bezug auf Nährstoffe und Mikronährstoffe den Produkten, die unter Glas computergesteuert gepflegt werden - aber mit Bio-Siegel - deutlich überlegen, weil es ganz anderen Umweltanreizen ausgesetzt ist.
Ich bin der Meinung, die gesunde Ernährung fängt in der Küche an. Die richtige Zubereitung der landwirtschaftlichen Produkte, seien sie vom Tier oder der Pflanze. Möglichst keine industriell erzeugten Vorprodukte wie z.B. ausgesiebte, staubfein gemahlene Mehle. Um sich gesund zu ernähren, sollten die Menschen wieder lernen mit Lebensmitteln umzugehen. Klassische Zubereitungsmethoden wie z.B. das milchsaure Vergären, das Dünsten, die Milch mit Pilzen oder Bakterien wieder selber zu einem Lebensmittel (Joghurt, Kefir) zu verarbeiten. Wichtig auch die Vorratshaltung. Ich meine hier nicht nur einen Vorrat an Trockenzutaten wie Linsen, Erbsen, usw. sondern auch entsprechend zu kochen. Gedünstete Kartoffeln mit Schale halten sich im Kühlschrank locker eine Woche, also werden nicht nur ein paar davon einmalig gedünstet, sondern am besten gleich 2 Kilo. Das spart Zeit und Energie beim Zubereiten von Mahlzeiten.
Oft ist das Argument, dafür wäre keine Zeit. Nun ist Zeit eine feste Größe und ich sehe viele Menschen permanent durch die Gegend fahren zu allerlei Freizeittätigkeiten. Immer wieder werden meine Frau und ich merkwürdig angesehen, weil wir bei einschlägigen Sendungen, Serien, Filmen nicht mitreden können, da wir weder fernsehen noch streamen. Zeit wäre also da, wenn man die Prioritäten anders setzt. Warum findet hier also kein Umdenken in Gesellschaft, Medien und Politik statt?
Spielen wir das doch einmal als Szenario durch. Ein Großteil der Menschen in Deutschland lernt wieder Lebensmittel richtig zuzubereiten (und nicht zu Tode zu kochen). Plant Mahlzeiten, damit das Essen ein Genuss wird und nicht unter Zeitdruck oder anders abgelenkt runter geschlungen wird. Beginnt eine sinnvolle Vorratshaltung, usw.
- Einkaufen wäre dann nur einmal die Woche notwendig
- es würden nur Grundlebensmittel gebraucht, am besten direkt vom Erzeuger auf den Wochenmärkten
- es würde unterm Strich viel Geld gespart, da industriell "veredelte" Produkte teuer sind
- Übergewicht, meist ausgelöst durch hoch verarbeitete Industrielebensmittel, die es der Verdauung viel zu leicht machen vom Körper aufgenommen zu werden
- deutlich positive, gesundheitliche Entwicklung gerade bei ernährungsbedingten Erkrankungen
- das Bewusstsein für wirklich gute Grundlebensmittel würde gestärkt - und damit die Kritikfähigkeit gegenüber Marketingkampagnen
Das sind jetzt nur einige Punkte, und jetzt denken wir einmal über die Konsequenzen dieser Veränderung nach. Ein normaler Supermarkt, Discounter, Frischemarkt hat - wenn es hoch kommt - nur 20 % seiner Fläche mit wirklich frischen Grundlebensmitteln bestückt, und der Rest? Aber was solls, würde eine solche gesellschaftliche Veränderung stattfinden, bräuchten wir bestimmt 2/3 der Supermärkte nicht mehr. Regionale Märkte mit hohem Anteil von Selbsterzeugern würden deutlich gestärkt. Das Große Feld der Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu vielen Medikamenten, überflüssig! Sorry Apotheken, aber ich behaupte einmal jede zweite könnte schließen. Marketing für industriell erzeugte Lebensmittel, hier wird mehr Geld ausgegeben als für die in diesen Bereichen gezahlten Löhne. Fernsehwerbung, ganze Zeitschriften, die nur davon leben diese "Lebensmittel" anzupreisen, überflüssig. Würde ja eh nichts mehr bringen, da die Menschen statt für Konsum deutlich mehr Zeit für schönes selbstgekochtes Essen und mit dem Genuss im Kreise von Familie und Freunden verbringen.
Auch das nur einige Punkte, eigentlich ein schönes Szenario, aber - und jetzt kommts - da haben einige sehr mächtige Kräfte in Deutschland, Europa und der Welt ganz viel dagegen. Und sie wehren sich seit Jahrzehnten mit Marketingkampagnen, Prozessen, Lobbyismus und allen Werkzeugen, die ihnen zur Verfügung stehen gegen die kleinsten Zuckungen, die in Richtung "Selbermachen" gehen. Gibt es einen neuen Trend, z.B. seinen Kefir selber zu machen, vergehen keine Monate und es finden sich ebensolche Produkte als Fertigprodukte in den Regalen und Kühltruhen der Supermärkte wieder. Bunt bedruckt mit allerlei zweifelhaften Werbeversprechen, fantasievollen Siegeln, begleitet von heftigen Marketingkampagnen, Expertenmeinungen, sogar eigenen Studien usw. Die Medien argumentieren, sie müssten ja ausgewogen, also auch über die Seite der Industrie (egal wie absurd sie ist) berichten, so ist die Verwirrung beim Verbraucher komplett. Der greift dann zu den Werbelockungen, "die dürfen ja nichts Falsches behaupten" höre ich oft als Entschuldigung. "Sie tun es aber!" entgegne ich und das mit einer Dreistigkeit, die nur dort stattfindet, wo sich Protagonisten sicher sein können, dass ihre Lügen nicht geahndet werden. In Deutschland zum Beispiel.
Vor zwei Tagen hörte ich eine Radiosendung zum Thema "gesunde Ernährung" (NDR Redezeit 24.1.2023) auf die ich mich eigentlich gefreut hatte. Leider blieb nach der Sendung bei mir Ärger und ein schaler Nachgeschmack. Kurz zusammengefasst (und mehr Inhalt wurde auch kaum geboten) sollte eine gesunde Ernährung vor allem Vegetarisch sein und aus Bio-Produkten bestehen. Diese stark Ideologisch gefärbte Meinung wurde den Höhrern verkauft, als sei das die wissenschaftliche Erkenntnis. Wenn diese Haltung von Experten, derart tendenziös in Medien verbreitet, dann wird das nichts mit der gesunden Ernährung in Deutschland.
So komme ich mir oft als recht einsamer Kämpfer für mehr eigene Verantwortung für die Ernährung des Einzelnen und der Familie vor. Und doch, und das macht mir Mut weiter zu kämpfen, habe ich in den ganzen Jahren meines Tuns viele Menschen inspiriert und angeleitet neue Wege zu gehen, die mir immer wieder bestätigen, dass dies ein guter Weg ist.
In diesem Sinne bleiben Sie gesund und guten Appetit
Ihr
Andreas Sommers