Wieso ernähren wir uns eigentlich von Getreide?
Liebe Brotbackfreunde,
Haben Sie mal versucht, Getreide selber anzubauen? Nur eine kleine Reihe im Garten oder eine Handvoll Samen im Blumentopf? Vielleicht schaffen Sie es, dass sich eine Ähre bildet die es vielleicht sogar bis zur Teigreife schafft. Und nun?
In der Regel umschließt eine feste Hülle, der Spelz, das eigentliche Korn. Diesen müssen Sie erst einmal aufbrechen, um an das Korn zu kommen. Gut, heute erledigt das in der professionellen Landwirtschaft der Mähdrescher, bzw. in der weiteren Verarbeitung der Gerbgang in den Großmühlen.
Doch gehen wir einmal 10-15.000 Jahre zurück an das Ende der Steinzeit. Hier waren die Möglichkeiten der Getreideverarbeitung noch sehr eingeschränkt. Es gibt Funde von Reibsteinen aus dieser Zeit, die belegen, dass ein frühe Getreideverarbeitung probat war. Wenngleich sie auch sehr mühsam war. Die Samen von der Ähre zu dreschen, dann vom Spelz befreien, bis man schließlich eine Handvoll Körner hatte, die dann noch zu Mehl bzw. Schrot gemahlen bzw. gemörsert wurden. Dann musste noch ein Teig bereitet, und dieser ausgebacken werden.
Ganz schön viel Aufwand um satt zu werden. Allgemein wird behauptet, dass es der Mangel an Jagdbaren Tieren war, der die Menschen zum Ackerbau brachte. Doch dieser Mangel ist nicht wirklich belegt. Außerdem hat sich der Ackerbau nur in Europa/Asien herausgebildet (fruchtbarer Halbmond), obwohl es ähnliche Voraussetzungen durchaus in Amerika oder Australien gegeben hat. Also noch einmal die Frage, warum gibt der Mensch sein Nomadentum auf, um mühsam die Süßgräser (poacea – Einkorn, Gerste, Hirse) zu kultivieren, gegen andere Fraßfeinde zu schützen, zu Ernten, Dreschen, Mahlen, Backen?
Sicher aus heutiger Sicht, gerade wenn ich wieder die frischen Brote für meine Marktkunden aus dem Backofen hole, habe ich die Motivation in Form eines köstlichen Brotes vor mir. Doch in der Steinzeit sah die Sache doch etwas anders aus. Wahrscheinlich hat man aus gequetschten Körnern ehr Fladen entwickelt, die am Feuer ausgebacken wurden. Nahrhaft, ballaststoffreich und Kauintensiv.
Moderne Theorien zeigen eine ganz andere Motivation auf. Grob gequetschtes Getreide, mit Wasser vermengt, in der Oktobersonne gelagert, beginnt zu gähren. Wilde Hefestämme, die überall in der Natur vorkommen, machen es möglich. Manche behaupten sogar, dass Spucke zugesetzt wurde, um so den Gährprozess in Gang zu setzen. Es entwickelt sich eine frühe Form des Bieres. Die 1-3 vol. % Alkohol sind nicht sehr stark gewesen, aber sie reichten doch für einen leichten Rausch, außerdem machten sie das Wasser haltbar.
Eine der besonderen Eigenschaften des Menschen ist seine geistige Wahrnehmung. Er hat ein Bewusstsein entwickelt. Es ermöglicht ihn über das rein Instinkt- bzw. Triebgesteuerte handeln hinaus zu wachsen. Kreativität, Fantasie aber auch Spiritualität können sich entwickeln. Das Ganze kann durch Drogen unterstützt werden. Alkohol ist hier mit Sicherheit eine reizvolle Droge, aber auch andere pflanzliche Wirkstoffe (z.B. Cannabis, Pilze) wirken wie eine Droge, können das Bewusstsein erweitern.
Wer also hier kundig war genoss eine hohe Anerkennung in seiner Sippe, er war es der sein Bewusstsein auf eine andere Ebene bringen konnte, mit den Geistern sprechen konnte, ein anderes „Ich“ aus sich heraus sprechen lassen konnte. Zudem konnte er diese Drogen anderen verabreichen, gegen Schmerzen oder Hungergefühle, oder auch um andere Individuen zu manipulieren.
Hier sehe ich die deutlich größere Motivation, warum die Menschen die mühsame Arbeit des Ackerbaus erlernten. Es erklärt auch den urgermanischen Wortstamm: „brauda“ grob übersetzt „brauen“ aus dem sich unser Wort „Brot“ entlehnt. Nun wäre es untypisch, würde der Mensch zu diesen Zeiten etwas Essbares wegwerfen (ganz im Gegensatz zur heutigen Zeit). Wenn sich also aus dem grob zerriebenen Getreidesamen, Wasser und eventuell auch Spucke ein leicht schäumendes, alkoholhaltiges Getränk entwickelt hat, blieb als Bodensatz ein Getreidebrei übrig. Diesen auf einem heißen Stein am Lagerfeuer getrocknet, könnte das erste Brot gewesen sein..
In diesem Sinne möchte ich also nicht mit einem Wunsch zum guten Appetit schließen, sondern mit einem herzlichen: „Prost!“
Ihr Andreas Sommers