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Der selbstbestimmte Patient

Bei der Zusammenstellung meines neuen Buches, aber auch bei meinem letzten YouTube Video "Reizdarm", sind mir merkwürdige Gedanken gekommen.

Immer wieder lese ich, höre ich in Radiobeiträgen, dass sich Patienten entmündigt fühlen. Es geht hier nicht um eindeutige Diagnosen, bei denen der Patient ein Rezept oder eine Verhaltensrichtlinie erhält und es bei seinen Symptomen schnell zur Besserung führt. Es sind die unbestimmten, nicht eindeutig zuzuordnenden Beschwerden, die oftmals durch eine Odyssee der Arztpraxen führen. „Probieren Sie mal das, versuchen Sie mal jenes, nehmen Sie dieses Medikament und melden Sie sich, wenn es Beschwerden gibt....".Tritt keine Besserung ein? Dann wird schnell daraus: „Wenn Sie nicht mitarbeiten...., auch wenn es Ihnen nicht bekommt, das Medikament müssen Sie jetzt durchhalten...., Sie müssen schon glauben, was der Onkel Doktor sagt“ - habe ich selber erlebt – „Was wollen Sie mit mir diskutieren!!!"

Viele Menschen fühlen sich dadurch total entmündigt. Sie werden durch die Arztpraxen geschleust, kommen zu Fachärzten, in Universitätskrankenhäuser, ein Termin folgt dem anderen. Anonym, gesichtslos, nur die dürftige Krankenakte in der Hand erdulden sie endlose Wartezeiten in Wartezimmern mit infantiler Lektüre. Sie werden immer wieder mit Fragen konfrontiert, die sie bereits hundertfach beantwortet haben. (Wo bleibt da die digitale Krankenakte?) Es entsteht der schale Eindruck, hier geht es nicht mehr um den Menschen, sondern nur noch um die Diagnose einer Krankheit, ihr einen Namen zu geben, ein durchgereichtes Fallbeispiel zu sein.

Dass da Frust aufkommt, ist wohl offensichtlich, doch leider Alltag.

Ich habe in meiner Praxis als Ernährungsberater oft mit einem bestimmten Leidensthema zu tun, den entzündlichen Darmerkrankungen: Leaky Gut, Morbus Crohn, Reizdarm. Es gibt unzählige Namen dafür, dass die Medizin kapituliert, zwar diagnostiziert, aber keine wirklichen Therapien anbieten kann. Mein Berufstand, der Ernährungsberater, kann es, wenn er gut ausgebildet ist.

Ich koche mit den Betroffenen, die sich an mich wenden, zeige, wie Lebensmittel richtig zubereitet werden müssen, arbeite ihre Krankheitshistorie auf. Und es kommt dann relativ schnell zu Verbesserungen der Darmgesundheit.

Und hier beginnt das Paradoxon. Man sollte meinen, dass die Betroffenen Schlange stehen vor meiner Tür, weit gefehlt.

Selber wieder kochen? Und die Einkaufsgewohnheiten ändern? Essensgewohnheiten ändern? Nein, das geht gar nicht.

Ich biete den betroffenen Menschen Werkzeuge, eigenständig und selbstbestimmt, nicht nur ihre eigene Darmgesundheit in die Hand zu nehmen, sondern auch den Weg zu mehr Lebensqualität zu finden. Dies wollen sie in den meisten Fällen aber gar nicht.

Sie hören lieber auf zweifelhafte Fernsehdoktoren und windige Heilversprechen der Pharmaindustrie. Das klingt nett, und sie müssen nicht viel verändern. Vielleicht ein paar Tage mit sowas wie eine Diät oder einfach was weglassen oder ganz exotische, oft unleckere, Sachen Essen oder Trinken, Irgendwie wird es dann wohl auch besser, zumindest ein bisschen. Dann kann man ja wieder in seine alten Gewohnheiten zurückfallen

Vor aller Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens steht, die Verantwortung für den eigenen Körper zu übernehmen. Seinen Körper zu verstehen und was eine intelligente Ernährung leisten kann. Ich rede jetzt hier nicht von veganen oder vegetarischen Kostformen, auch hier gibt es reihenweise Fehlernährungen. Bio-Lebensmittel? 405er Mehl gibt es auch in Bio-Qualität. Es ist trotzdem kein gutes Lebensmittel. Entscheidend ist es, in der Küche wieder hochwertige Lebensmittel zu schaffen. Das muss man lernen.

Wer ist denn überhaupt dazu bereit, Verantwortung für seinen eigenen Körper zu übernehmen? Das würde bedeuten, der Massenabfertigung im medizinischen Alltagsgeschäft eine Absage zu erteilen. Oder auch mal „NEIN“ zu sagen, wenn man anderer Meinung ist und keine Bedenken hat, den Arzt eventuell zu verstimmen.

Bitte verstehen Sie mich nicht miss. Unsere Medizin leistet teilweise Unglaubliches. Aber sie ist nicht omnipotent, auch wenn sie es oft assoziiert.

Haben Sie eine Infektion, einen gebrochenen Arm oder einen Pilz auf Ihren Fingernägeln, gehen Sie zum Arzt. Bei anderen Beschwerden machen Sie das natürlich ebenfalls. Wenn Sie jedoch merken sollten, dass Sie so nicht weiterkommen, seien Sie offen für andere Wege, auch wenn Sie Ihren alltäglichen Gewohnheiten zuwiderlaufen sollten, Sie diese sogar verändern müssten.

Glauben Sie mir, es lohnt sich!

Auch dafür habe ich mein letztes Buch geschrieben, damit der Leser vieles versteht, entsprechend selbstbewußt agieren kann und gezeigt bekommt, ein paar Dinge bei der Zubereitung von Lebensmitteln zu ändern, und so wieder Verantwortung für den eigenen Körper übernehmen.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund!

Andreas Sommers