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Sauerteig in der Bibel

Liebe Brotbackfreunde,

Wird über das Alter von gesäuertem Brot spekuliert, wird sich meist auf die Bibel und die gesäuerten Brote der Ägypter berufen. So nennt sich auch das klassische Sachbuch von Heinrich Eduard Jakob: 6000 Jahre Brot.

Hier kurz eingeschoben vermute ich, dass das Säuern von Getreide deutlich älter ist. Ich denke hier an das äthiopische Injera, ein gesäuertes Hirsebrot, dessen Tradition wahrscheinlich bis in die Steinzeit zurückreicht.

Zurück zur Bibel. Sehen wir sie als historische Sammlung alter Erzählungen, lohnt das Augenmerk auf die Begriffe Brot und Sauerteig. Nun gehört die Bibel nicht unbedingt zu meiner Lieblingslektüre, aber ein bibelfester Marktkollege gab mit den Tipp, doch mal auf Bibelserver.de zu schauen. Enorm, was ich da gefunden habe!

Das geht schon ziemlich deftig im 2. Buch Mose los: (2Mo 12,15) Sieben Tage sollt ihr ungesäuertes Brot essen. Schon am ersten Tag sollt ihr den Sauerteig aus euren Häusern tun. Wer gesäuertes Brot isst, vom ersten Tag an bis zum siebenten, der soll ausgerottet werden aus Israel.

Hierzu muss man wissen, dass die Stämme Israels von den ägyptischen Pharaonen versklavt wurden. Als Hirtenstämme kannten sie Brot höchstwahrscheinlich nur in Fladenform. Hier wurde Getreide (Gerste, Durum, Einkorn) zerrieben, mit Wasser zu einem Teig verknetet und dann am Feuer auf heißen Steinen ausgebacken oder einfach nur in der Sonne getrocknet. Hart aber nahrhaft, gut zu transportieren und lange haltbar. Sicher auch ganz lecker, aber was für ein Unterschied zu den lockeren, fluffigen Broten der Unterdrücker, womöglich frisch aus den ersten neu entwickelten Tunnelbacköfen. Und so zieht sich der rote Faden durch die Bücher Mose. Der Sauerteig passt nicht zu unserer Religion. Dass dieser Umstand mehrfach erwähnt, ja betont wird, macht deutlich, dass die Juden wohl sehr gern das gesäuerte Brot der Unterdrücker aßen. Immerhin wurden im alten Testament bei den Israeliten auch Backöfen erwähnt, diese müssen Sie bei den Ägyptern kennengelernt haben.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass das Wort „Brot“ im Alten Testament an die 200 mal vorkommt - gesäuert oder ungesäuert. Im Neuen Testament 80 mal, dafür ist aber der Sauerteig deutlich öfter repräsentiert. Hier finde ich einen deutlichen Unterschied. Gibt das Alte Testament ganz klare Essensregeln, wird im Neuen Testament das Thema Brot und Sauerteig abstrakter zur Übermittlung religiöser Botschaften genutzt.

Wie Vieles, was dem Menschen Genuss bereitet, durch diskreditieren nicht wegzubekommen ist, ändert sich das Verhältnis zum Sauerteig im Neuen Testament.

Vom Speiseplan der angehenden Christenheit war das gesäuerte Brot nicht mehr wegzudenken. Jetzt wird der Sauerteig genutzt, um den Menschen religiöse Botschaften zu vermitteln. So finden wir im Matthäus Evangelium ein Gleichnis:

(Mt 13,33) Ein anderes Gleichnis sagte er ihnen: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.

Und gleich noch einmal bei Lukas:

(Lk 13,21) Es gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.

Was wusste man zu diesen Zeiten von Mikrobiologie? Und doch war man schon sehr nah dran, dass etwas Kleines – also eine kleine Menge Sauerteig – sehr viel – eine Menge Mehl – durchsäuern kann. Diese beiden Bibelstellen hat man mir so erklärt, dass hier die Liebe Jesus Christus, der Glaube in jedem Menschen weitergetragen wird, gleichsam alle Menschen von der Liebe Gottes „durchsäuert“ werden.

Aber, es darf natürlich nicht irgendein Sauerteig sein.

(Mt 16,6) Jesus aber sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!

Pharisäer und Sadduzäer, Jüdische Volksstämme, die mit den Glaubensinterpretationen von Jesus Christus, gelinde gesagt, nicht einverstanden waren. Aber was soll denn jetzt mit deren Sauerteigen und den daraus resultierenden Broten nicht in Ordnung sein? Das wird denn auch ein paar Textstellen weiter erklärt:

(Mt 16,11) Wieso versteht ihr denn nicht, dass ich nicht vom Brot zu euch geredet habe? Hütet euch vielmehr vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!

(Mt 16,12) Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, sie sollten sich hüten vor dem Sauerteig des Brotes, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.

Für den Fall, dass die Leser des Matthäusevangeliums das noch nicht ganz verstanden haben, legen Markus und Lukas nach:

(Mk 8,15) Und er gebot ihnen und sprach: Merkt auf, seht euch vor vor dem Sauerteig der Pharisäer und vor dem Sauerteig des Herodes.

Oha, jetzt auch noch der „Sauerteig“ des regierenden Jüdischen König von Römischen Gnaden, wenn das man gut geht. Lukas legt nochmal nach:

(Lk 12,1) Unterdessen kamen viele Tausend Menschen zusammen, sodass sie einander fast niedertraten. Da fing er an und sagte zuerst zu seinen Jüngern: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, das ist die Heuchelei.

Bei den Korinthern sieht es für den Sauerteig dann gar nicht mehr gut aus:

(1Kor 5,6) Es ist nicht gut, wessen ihr euch rühmt. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert?

(1Kor 5,7) Darum schafft den alten Sauerteig weg, auf dass ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja ungesäuert seid. Denn auch unser Passalamm ist geopfert, das ist Christus.

(1Kor 5,8) Darum lasst uns das Fest feiern nicht mit dem alten Sauerteig, auch nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit dem ungesäuerten Teig der Lauterkeit und Wahrheit.

Und als letztes bei den Galatern:

(Gal 5,9) Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.

Aus dem Zusammenhang genommen könnte dieses Gleichnis positiv, wie bei Matthäus, interpretiert werden. Liest man aber die ganze Rede des Paulus wird hier, frei von mir interpretiert, beklagt, dass sich viele vom echten Glauben (den an Jesus Christus) abwenden. Wir würden heute sagen: Ein fauler Apfel verdirbt das ganze Fass.

Hört man den heutigen Entscheidern - gerade in diesen unschönen Coronatagen - zu, befällt mich der Eindruck, dass die Verständlichkeit in der öffentlichen Kommunikation sich in den letzten 2000 Jahren kaum verbessert hat.

Soweit mein Ausflug in die Bibel. Ich hoffe nicht allzu frei interpretiert zu haben, sollte ein bibelfester Christ sich hier in seiner Religion missverstanden sehen, bitte ich um Entschuldigung. Die kursiv gesetzten Zitate habe ich dem Bibelserver, Lutherbibel 2017 entnommen.

Frohe Weihnachten und bleiben Sie gesund

Ihr

Andreas Sommers