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Reizthema Jod

Liebe Brotbackfreunde,

wenn ich nach glutenfreiem Brot gefragt werde, stelle ich gern die Gegenfrage: „Warum?“. Bei diagnostizierter Zöliakie, keine Frage, aber bei vielen Menschen liegt diese nicht vor. Meist handelt es sich hier um „Verdachtsdiagnosen“ nach dem Motto: „Lassen Sie das mal weg, dann geht es ihnen vielleicht besser“.

 

Bei einer konkreten Diagnose, nämlich der Schilddrüsenerkrankung Hashimoto, wird oft ebenfalls eine glutenfreie Ernährung empfohlen. Ich habe aber keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen den Aminosäuren der Glutengruppe und der Schilddrüse finden können. Ist dieser Rat also auch nur eine Empfehlung zu einer Krankheit über die kaum etwas bekannt ist und bei der die Therapieansätze so hilflos bis beliebig erscheinen? Und da das Gluten zur Zeit sowieso für alles mögliche verantwortlich gemacht wird, freut sich der Betroffene, dass er zumindest etwas Greifbares hat.

Gut, ich bin kein Arzt, sondern Ernährungsberater und bei der Recherche zu dieser Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, kommt man unweigerlich zum Jod. Und wenn ich bisher das Gefühl hatte, bei der Gluten-Diskussion ist einiges aus dem Ruder gelaufen, hat die Jod- Diskussion noch einmal eine ganz andere Qualität.

Seit Deutschland in den 1980er Jahren zum Jodmangelgebiet erklärt wurde, begründet mit dem vermehrten Auftreten des Kropfes (krankhafte Verdickung der Schilddrüse), wird dem Salz Jod zugesetzt, um eine Verbesserung der Jodaufnahme der Bevölkerung zu erreichen. Jod kommt in der Natur als Mineralstoff ganz natürlich vor und wird von uns Menschen mit der Nahrung aufgenommen. Eine hohe Konzentration von Jod findet sich im Meerwasser, sodass Meeresfisch eine wichtige Jodquelle ist. Insofern ist es eine starke Vereinfachung, der Gesamtbevölkerung Jodmangel zu unterstellen, da Küstenbewohner traditionell viel Fisch essen und damit keinen Jodmangel haben.

Diese Diskussion wurde an anderer Stelle schon oft genug geführt, damit möchte ich hier nicht auch noch beginnen. Es geht mir um etwas anderes.

Jod ist ein günstiges und effektives Desinfektionsmittel. Es wird z.B. gern Tierfutter zugesetzt, um parasitären Erkrankungen vorzubeugen. An dieser Stelle nehmen wir sehr viel Jod über den Fleischkonsum auf. Weiter wird dieses Desinfektionsmittel im großen Maßstab in der Molkereiindustrie eingesetzt, so dass sich Jod auch in diversen Joghurtzubereitungen und weiteren Produkten aus der Molkereiindustrie findet. Auch hier nehmen wir viel Jod auf. Hinzu kommen Unmengen von jodiertem Speisesalz, welches in großen Mengen bei Fertiglebensmitteln als Geschmacksbringer eingesetzt wird. Und da das vielen Menschen noch nicht salzig genug ist, wird nachgesalzen, natürlich mit jodiertem Speisesalz. Wieso wird also immer noch von Jodmangel gesprochen? Die eingangs erwähnte Krankheit „Hashimoto“ wird mittlerweile auf zu viel Jod zurückgeführt.

Also was jetzt? Haben wir eine Über- oder Unterversorgung mit Jod?

Bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema ist mir etwas anderes aufgefallen. Es gibt Stoffe, die die Jodaufnahme dämpfen bzw. verhindern, und zwei davon finden sich in unserer täglichen Ernährung. Neben dem Jod gibt es ein weiteren Stoff, das Chlor, das gern als Desinfektionsmittel eingesetzt wird. Dabei denkt man sicher zuerst an das Schwimmbad, aber auch in der Lebensmittelindustrie werden chlorhaltige Desinfektionsmittel eingesetzt. Diese nehmen wir in Form von Chloraten auf, und ebendiese Chlorate verhindern eine Jodaufnahme. Ein weiterer Stoff, der sich zum Teil in erheblichen Mengen in unseren Lebensmitteln findet, sind die Nitrate. Auch diese dämpfen die Chloraufnahme. Das gemeine ist, können Sie sich gegen die Chlorate vielleicht noch schützen, indem Sie kaum industriell hergestellte Lebensmittel konsumieren, finden sich die Nitrate nicht nur in pflanzlichen Lebensmitteln (sowohl bio als auch konventionell) sondern auch in unserem Trinkwasser.

Wie bei einigen anderen Themen möchte ich auch hier unterstellen, dass die Diskussion um die Jodsupplementierung in die völlig falsche Richtung geht. Nach meinem Verständnis ist mehr Jod als notwendig im Umlauf, was eine Erklärung für das vermehrte Auftreten des Hashimoto wäre. Den angeblichen Jodmangel, der vielen Menschen unterstellt wird, hingegen mit noch mehr Jod zu begegnen, nützt eigentlich gar nichts, wenn der Körper durch andere Stoffe daran gehindert wird, dieses essentielle und lebenswichtige Mineral aufzunehmen.

Sollten Sie sich also einmal nicht so ganz gesund fühlen, unbestimmt und schlapp, irgendwie nicht genau diagnostizierbar und man empfiehlt Ihnen, mehr Jod zu sich zu nehmen, hinterfragen Sie diese Empfehlung doch einfach mal. Es ist mit Sicherheit sehr spannend, wie viel Hintergrundwissen bei dem Empfehlenden zu finden ist.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund und einen guten Appetit, Ihr Andreas Sommers